Hallenbad Panoramablick - wohin geht der Weg

|   Schuljahr 14/15

Offener Brief

An die Bürgermeister

der Gemeinden Dietzhölztal und Eschenburg

mit der Bitte um Weiterleitung 

an die Gemeindevorstände und Gemeindevertreter 

der Gemeinden Dietzhölztal und Eschenburg sowie

denVorstand und die Mitglieder des Zweckverbandes Mittelpunktschwimmbad Dietzhölztal, 

Überlegungen der Fachkonferenz SPORT der Holderbergschule Eschenburg

zur exorbitanten Wichtigkeit dieser Einrichtung im oberen Dietzhölztal

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Interesse und mit Bangen verfolgen wir als Schule die anhaltenden Diskussionen bezüglich des Bades, besonders natürlich aus schulischer und freizeitorientierter Sicht.

In ganz Deutschland werden von Städten und Kommunen derzeit viele Bäder wegen Ihrer Kostenintensivität geschlossen. Natürlich ist dies aus reiner Kostensicht verständlich, ist aber leider nur eine sehr einseitige Sichtweise: Bad zu ? Kosten eingespart!  Was passiert in einem solchen Fall, konkret auch bei unserem Bad, mit erhaltenen Zuschüssen und Darlehen der öffentlichen Hand und den Folgekosten für die „Bauruine“, die ja über Jahre anfallen würden?

Aus schulischer Betrachtungsweise sollte der Sinn dieser Einrichtung weniger im pekuniären Bereich als vielmehr im Nutzen liegen, den ein Schwimmbad für alle Bürger der näheren Umgebung für ihre Lebensgestaltung bringt, natürlich besonders denen der Gemeinden Dietzhölztal und Eschenburg.

Daher möchten wir Ihnen bei Ihren diesbezüglichen Beratungen einige Anregungen geben, die Ihnen sicherlich nicht unbekannt sind, aber in Ihrer Wertigkeit bisher vielleicht von manchem weniger Gewicht erhalten haben. Da sich in den letzten Jahren personelle Veränderungen in den Gremien ergeben haben, haben wir uns als Fachkonferenz Sport entschlossen, unsere Gedanken aus dem Jahre 2010 nochmals zu aktualisieren und den beteiligten Gremienmitgliedern zur Verfügung zu stellen.

Mit diesem Brief ist von uns keine Forderung verbunden, sondern nur der sehnliche Wunsch, dass aus den von uns zusammengetragenen Gründen die Einsicht erwächst, dass alle beteiligten Gremien beider Gemeinden alles dafür tun, um das „Panoramablick“-Bad noch lange zu erhalten. 

Sie selbst schreiben ja auf der Homepage des Bades: „Freizeit aktiv erleben. Wir bieten Ihnen Sport und Spaß, aber auch Entspannungsmöglichkeiten für Körper und Geist.“ 

Ist dies allein nicht schon ausreichend genug, das Bad zu erhalten?

Unsere Überlegungen im Einzelnen:

1. Die Grundschulen der beiden Gemeinden, einige Schulen der umliegenden Kommunen und die Holderbergschule nutzen das Bad sehr intensiv (nachzulesen im Schwimmbadbuch).

2. Der Schwimmunterricht ist fester Bestandteil des Sportunterrichts.

3. Kinder lernen neben dem Schwimmen den Umgang miteinander in einer besonderen Situation, in besonderer Kleidung, in einem besonderen Medium. 

4. Die Abläufe (einschließlich des Hin- und Rückweges zu Fuß oder mit dem Bus) sind wichtige Lernstationen, die Kinder zu kooperativen Partnern werden lassen. 

5. Die Körperhygiene vor und nach dem Badbesuch in einer öffentlichen Einrichtung ist anders als im heimischen Umfeld zu sehen. Sich mit gleichgeschlechtlichen Mitschülern umzuziehen, andere eventuell unbekleidet zu sehen und mit Ihnen zu duschen, klingt einfach und banal, ist aber für viele eine schwere und dafür umso wichtigere Hürde zum Erwachsenwerden. Der Umgang mit Ängsten wird erlernt.

6. Zu lernen, das andere Geschlecht zu respektieren und Schamgrenzen nicht zu überschreiten, ist für unsere Kinder sehr wichtig; die Medien zeigen leider oft etwas anderes.

7. Die genannten Punkte dienen alle unter anderem der Vorbereitung auf gemeinsame Klassenreisen, die ohne Schwimmfähigkeit und die genannten sozialen Lernziele nicht möglich sind.

8. Der schulische Schwimmunterricht wird immer wichtiger; das Freizeitverhalten (besonders das der Eltern) wird zunehmend individualisiert; das bedeutet, dass leider immer weniger Eltern die Möglichkeit (oder die Verpflichtung) wahrnehmen, selbst mit ihren Kindern ins Schwimmbad zu gehen, damit sie idealerweise schon vor dem Eintritt in die Schule das Schwimmen erlernen.

9. Wir beobachten, dass es für die Grundschulen schwieriger wird, den Kindern in Klassen mit vielen Schülern das Schwimmen beizubringen, da (wie in Punkt 8 beschrieben) immer mehr Kinder noch nicht schwimmen können bzw. sogar Angst vor dem Element Wasser haben.

10. Der neue Aufsichtspflichterlass verhindert in vielen Fällen die bisherige Praxis, dass Eltern unterstützend als Aufsicht tätig sein dürfen. In § 21, Absatz 5 steht ausdrücklich, dass die zur Aufsicht verpflichteten Personen schwimm- und rettungsfähig sein müssen, was in der Regel durch das Rettungsschwimmabzeichen in Bronze alle 5 Jahre nachgewiesen werden muss. Nur wenige Eltern können diese Forderung des Gesetzgebers erfüllen.

11. Die Holderbergschule reagiert darauf, dass immer mehr Fünftklässler nicht oder nur sehr schwach schwimmen können, mit einem zusätzlichen Sportlehrer, der sich vorrangig nur um diese Klientel kümmert.

12. Dennoch haben wir sogar Kinder bzw. Jugendliche in Abschlussklassen, die das Schwimmen bis dato noch nicht erlernt haben – zum Glück nur einzelne, aber es gibt sie. Auch darauf haben wir reagiert und bieten nun Schwimmen in den Klassen 5, 6 und 7 (anstelle der Klasse 9) an, um ein durchgängiges, intensiveres Lernen zu ermöglichen.

13. In einer Schwimmbadschließung sehen wir eine Art „Supergau“ für das obere Dietzhölztal, denn es ist außer in den umliegenden Freibädern in Oberscheld und Niedereisenhausen in den Sommermonaten nur das Schwimmen in Dillenburg möglich. 

14. Das Schulschwimmen wird dann nicht mehr möglich sein. Folglich werden sehr viele Kinder das Schwimmen in ihrem gesamten Leben nicht mehr erlernen können.

15. Gravierende Folgen hat dies für das Freizeitverhalten. Wasser bedeutet für viele im Sommer ein wichtiges Stück Freiheit; dort lebt es sich anders, das Relaxen am Wasser bedeutet eine besondere Lebensqualität. 

16. Folglich werden unbeaufsichtigte Gewässer zunehmend aufgesucht werden – ohne lebensnotwendige Schwimmkenntnisse. Der Stauweiher in Ewersbach ist zum Beispielprädestiniert dafür. Schlagzeilen wie „15-jähriger ertrinkt im Stauweiher; Freunde konnten nicht helfen!“ werden vermehrt in den Medien erscheinen und viele Betroffene unglücklich machen. 

17. Haftungsrechtliche Fragen werfen sich in diesen Fällen sicher auch für die Gemeinden auf.

18. Der „All-inclusive“-Familienurlaub wird getrübt, denn die Kinder können nicht mehr ohne Beaufsichtigung durch Eltern in den Badelandschaften der Urlaubsziele herumtoben. Eltern müssen ihre Kinder selbst betreuen.

19. Rettungsorganisationen, die die Überwachung von öffentlichen Gewässern und Seen vielerorts übernehmen, werden Nachwuchsmangel bekommen, so dass Überwachungen eingeschränkt werden müssen – mit fatalen Folgen.

20. Wie in Punkt 7 erwähnt haben Klassenfahrten, Jugendreisen und Vereinsfahrten das Schwimmvergnügen mit im Programm und setzen das „Freischwimmerabzeichen“ bzw. „das Jugendschwimmabzeichen Bronze“ für die Teilnehmer voraus. Fahrten in Gewässernähe müssen sich die Verantwortlichen sehr wohl überlegen und Eltern müssen überdenken, ihre Kinder teilnehmen zu lassen.

21. Alle Wassersportarten vom Bootssport bis hin zum Angeln wären ohne Schwimmkenntnisse langfristig bedroht.

Sicher lassen sich noch viele weitere Argumente finden, warum die Unterhaltung des „Panoramablick“-Bades eine notwendige und lohnenswerte Investition in die Zukunft nicht nur der Jugend ist. 

Aspekte wie die Erhaltung der Gesundheit besonders für Ältere, das Schwimmbad als Kommunikationsbrücke, Vereinsschwimmen oder andere im Wasser stattfindende Wohlbefindlichkeits- und Bewegungskurse haben wir in unseren Überlegungen noch nicht einmal eingehend betrachtet. Spontan fällt uns die Errichtung der Seniorenwohnanlage in direkter Nachbarschaft ein.

Für die Sportkonferenz der Holderbergschule Eschenburg

Peter Alexandrowitsch

 

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