Hoher Besuch an der Holderbergschule

|   Schuljahr 14/15

Europäischer Betriebsratsvorsitzender besucht 9. Gymnasialklasse

Dienstag, 17. Februar, 12.30 Uhr: Zwanzig Gymnasiasten sind auf ihren Gesprächspartner gespannt. Heute soll der europäische Betriebsratsvorsitzende von Outokumpu, Herr Ralf Heppenstiel,  langjähriger Mitarbeiter und Betriebsrat der „Dillenburger Stahlwerke“, über seine beruflichen Erfahrungen in diesem interessanten Wirkungsfeld berichten. Bei diesem Treffen gab es noch einen Überraschungsgast: Herrn Karl-Heinz Kaczmarek, der Großvater einer Schülerin und Vorgänger des jetzigen Betriebsrats. 

Die Schüler hatten in ihrem bilingualen Sachfach „Politics & Economy“ für dieses Treffen einen Fragenkatalog vorbereitet, den die beiden Gewerkschaftler kompetent und verständlich beantworteten. 

Verwundert und schmunzelnd nahmen die Schüler zur Kenntnis, dass Herr Heppenstiel, ein ehemaliger Holderbergschüler, ein „Spätzünder“ war, der erst im Laufe seines beruflichen Werdeganges bei den Stahlwerken in Dillenburg Ehrgeiz und Motivation entwickelte. Der ausgebildete Verfahrensmechaniker durchlief verschiedene Firmenbereiche, bevor er nach der Abendschule die Prüfung zum Industriemeister ablegte und bald darauf als Gewerkschaftsmitglied der IG-Metall in den Betriebsrat gewählt wurde. Nach nur 18 Monaten wurde er dann zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Die Schüler staunten nicht schlecht über diese Blitzkarriere. Beeindruckt zeigten sie sich auch über die vielseitige Arbeit eines Betriebsrats: Neben den Verhandlungen mit dem Management über Arbeits- und Pausenzeiten und verschiedene soziale Anliegen, stehen auch Hausbesuche bei Langzeitkranken an. 

Als europäischer Betriebsrat von Outokumpu reist Ralf Heppenstiel in viele europäische Länder. „Ihr macht alles richtig. Der bilinguale Unterricht ist eine sehr gute Idee: Englischkenntnisse und Fachwissen in Politik&Wirtschaft sind heute sehr wichtig.“ Und er fügte hinzu: „Wir sprechen bei internationalen Treffen zwar deutsch und haben Simultan-Dolmetscher, aber meine Englischkenntnisse muss ich trotzdem in Sprachkursen weiterentwickeln. Da habt ihr es besser.“ Karl-Heinz Kaczmarek bemerkte: „Als europäischer Betriebsrat lernt man verschiedene europäische Länder und deren Kultur kennen. Die Arbeitsstandards sind nicht überall gleich: Deutschland ist priviligiert, was die Versorgung in Sachen Gesundheit, Arbeitszeit und Lohn betrifft.“ Diese Äußerungen waren für die Schüler neu, da sie keine großen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsländern der EU erwartet hätten. 

Brennend interessierte die Neuntklässler die Geschichte der Stahlwerke und die Übernahme von ThyssenKrupp Nirosta durch den finnischen Konzern Outokumpu vor gut zwei Jahren. Über die Geschichte wusste Herr Kaczmarek spannend zu berichten, die Übernahme wurde von Herrn Heppenstiel erläutert. „Die Verhandlungen waren wie in einem Polit-Krimi: Wir trafen die Finnen am Flughafen. Es herrschte strenge Geheimhaltung, sonst hätte es große Unruhen gegeben.“ Die Schüler erfuhren außerdem, dass dank der Verhandlungen betriebsbedingte Kündigungen im Konzern bis 2015 ausgeschlossen wurden. „Diese Regelung wurde 2013 sogar bis ins Jahr 2020 verlängert.“, wusste Heppenstiel zu berichten. 

Schließlich wollten die Schüler noch über die Situation der Auszubildenden informiert werden. Hier konnte der Betriebsratsvorsitzende stolz berichten, dass die Stahlwerke jedes Jahr 10 Azubis in fünf Berufsrichtungen einstellen und anschließend übernommen werden. Für lernschwache Jugendliche wird zusätzlich ein Einstiegsqualifizierungsjahr angeboten, eine soziale Geste, die von den Holderbergschülern sehr geschätzt wurde. 

Zum Abschied lud Ralf Heppenstiel die Schüler zu einer Betriebsbesichtigung ein und zeigte sich beeindruckt von der Aufmerksamkeit und das Interesse der Jugendlichen. Die wiederum fühlten sich geehrt, dass so ein „wichtiger Mann mit vielen internationalen Terminen“ sich Zeit für sie genommen hatte. Als Fachlehrerin äußerte sich Andrea Kluth hochzufrieden über den Erfolg der informativen Begegnung zwischen den zwei Gewerkschaftlern unterschiedlicher Generation und den Holderbergschülern. 

 

 

Karl-Heinz Kaczmarek (links) und Ralf Heppenstiel (rechts) nach ihrem Gespräch mit Schülern der 9. Gymnasialklassen