Hallenbad Panoramablick – wohin geht der Weg?

|   Schuljahr 09/10

Offener Brief an den Vorstand des Zweckverbandes Mittelpunktschwimmbad Dietzhölztal (Nassauer Straße 11, 35713 Eschenburg).

 

Überlegungen der Fachkonferenz Sport der Holderbergschule Eibelshausen zur existentiellen Wichtigkeit dieser Einrichtung im oberen Dietzhölztal.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Interesse und mit Bangen verfolgen wir die Diskussionen bezüglich des Bades, besonders aus schulischer und natürlich aus freizeitorientierter Sicht.

In ganz Deutschland werden von Städten und Kommunen derzeit viele Bäder wegen Ihrer Kostenintensivität geschlossen. Natürlich ist dies aus reiner Kostensicht verständlich, ist aber leider nur eine sehr einseitige Sichtweise: Bad zu → Kosten eingespart!

Aus schulischer Betrachtungsweise sollte der Sinn dieser Einrichtung weniger im pekuniären Bereich als vielmehr im Nutzen, den ein Schwimmbad für alle Bürger der näheren Umgebung für ihre Lebensgestaltung bringt, natürlich besonders denen der Gemeinden Dietzhölztal und Eschenburg.

Daher möchten wir Ihnen bei Ihren diesbezüglichen Beratungen einige Anregungen geben, die Ihnen sicherlich nicht unbekannt sind, aber in Ihrer Wertigkeit bisher vielleicht von manchem weniger Gewicht erhalten haben.
Mit diesem Brief ist von der Fachkonferenz Sport keine Forderung verbunden, sondern nur der sehnliche Wunsch, dass aus den von uns zusammengetragenen Gründen die Einsicht erwächst, dass alle beteiligten Gremien beider Gemeinden alles dafür tun, um das „Panoramablick“-Bad noch lange zu erhalten. Sie selbst schreiben ja auf Ihrer Homepage: „Freizeit aktiv erleben. Wir bieten Ihnen Sport und Spaß, aber auch Entspannungsmöglichkeiten für Körper und Geist.“ Ist dies allein nicht schon ausreichend?

Unsere Überlegungen :

1.    Die Grundschulen der beiden Gemeinden, einige Schulen der umliegenden Kommunen und die Holderbergschule nutzen das Bad sehr intensiv (nachzulesen im Schwimmbadbuch).
2.    Der Schwimmunterricht ist fester Bestandteil des Sportunterrichts.
3.    Kinder lernen neben dem Schwimmen den Umgang miteinander in einer besonderen Situation, in besonderer Kleidung, in einem besonderen Medium.
4.    Die Abläufe (einschließlich des Hin- und Rückweges zu Fuß oder mit dem Bus) sind wichtige Lernstationen, die Kinder zu kooperativen Partnern werden lassen.
5.    Die Körperhygiene vor und nach dem Badbesuch in einer öffentlichen Einrichtung ist anders als im heimischen Umfeld zu sehen. Sich mit gleichgeschlechtlichen Mitschülern umzuziehen, andere eventuell unbekleidet zu sehen und mit Ihnen zu duschen, klingt einfach und banal, ist aber für viele eine schwere und dafür umso wichtigere Hürde zum Erwachsenwerden. Der Umgang mit Ängsten wird erlernt.
6.    Zu lernen, das andere Geschlecht zu respektieren und Schamgrenzen nicht zu überschreiten, ist für unsere Kinder sehr wichtig; die Medien zeigen leider oft etwas anderes.
7.    Die genannten Punkte dienen alle unter anderem der Vorbereitung auf gemeinsame Klassenreisen, die ohne Schwimmfähigkeit und die genannten sozialen Lernziele nicht möglich sind.
8.    Der schulische Schwimmunterricht wird immer wichtiger; das Freizeitverhalten (auch das der Eltern) wird zunehmend individualisiert, das bedeutet, dasss immer weniger Eltern die Möglichkeit (oder die Verpflichtung) wahrnehmen, selbst mit ihren Kindern ins Schwimmbad zu gehen, damit es schon vor dem Eintritt in die Schule idealerweise das Schwimmen erlernt.
9.    Wir beobachten, dass es für die Grundschulen schwieriger wird, den Kindern in großen Klassen das Schwimmen beizubringen, da (wie in Punkt 8 beschrieben) immer mehr Kinder noch nicht schwimmen können.
10.    Die Holderbergschule reagiert darauf, dass immer mehr Fünftklässler nicht oder nur sehr schwach schwimmen können, mit einem zusätzlichen Sportlehrer, der sich nur um diese Klientel kümmert.
11.    Dennoch haben wir Kinder im 9. Schuljahr, die das Schwimmen bis dato noch nicht erlernt haben; einzelne, aber sie sind vorhanden.
12.    In einer Schwimmbadschließung sehen wir eine Art „Supergau“ für das obere Dietzhölztal, denn es ist außer in den umliegenden Freibädern in Oberscheld, Niedereisenhausen und Oberhörlen in den Sommermonaten nur das Schwimmen in Dillenburg möglich.
13.    Das Schulschwimmen wird dann nicht mehr möglich sein. Folglich werden sehr viele Kinder das Schwimmen in ihrem gesamten Leben nicht mehr erlernen können.
14.    Gravierende Folgen hat dies für das Freizeitverhalten. Wasser bedeutet für viele im Sommer ein wichtiges Stück Freiheit; dort lebt es sich anders, das Relaxen am Wasser bedeutet eine besondere Lebensqualität.
15.    Folglich werden unbeaufsichtigte Gewässer zunehmend aufgesucht werden – ohne notwendige Schwimmkenntnisse. Der Stauweiher in Ewersbach ist zum Beispiel prädestiniert dafür. Schlagzeilen wie „15-jähriger ertrinkt im Stauweiher; Freunde konnten nicht helfen!“ werden vermehrt in den Medien erscheinen und viele Betroffene unglücklich machen.
16.    Haftungsrechtliche Fragen werfen sich in diesen Fällen sicher auch für die Gemeinden auf.
17.    Der „All-inclusiv“-Familienurlaub wird getrübt, denn die Kinder können nicht mehr ohne Beaufsichtigung durch Eltern in den Badelandschaften der Urlaubsziele herumtoben.
18.    Rettungsorganisationen, die die Überwachung von öffentlichen Gewässern und Seen vielerorts übernehmen, werden Nachwuchsmangel bekommen, so dass Überwachungen eingeschränkt werden müssen – mit fatalen Folgen.
19.    Wie in Punkt 7 erwähnt haben Klassenfahrten, Jugendreisen, Vereinsfahrten das Schwimmvergnügen mit im Programm und setzen das „Freischwimmerabzeichen“ bzw. „das Jugendschwimmabzeichen Bronze“ für die Teilnehmer voraus. Fahrten in Gewässernähe müssen sich die Verantwortlichen sehr wohl überlegen und Eltern müssen überdenken, ihre Kinder teilnehmen zu lassen.
20.    Alle Wassersportarten und sogar das Angeln wären ohne Schwimmkenntnisse langfristig bedroht.

Sicher lassen sich noch viele weitere Argumente finden, warum die Unterhaltung des „Panoramablick“-Bades eine notwendige und lohnenswerte Investition in die Zukunft nicht nur der Jugend ist.
Aspekte, wie die Erhaltung der Gesundheit besonders für Ältere, das Schwimmbad als Kommunikationsbrücke, Vereinsschwimmen oder VHS-Kurse im Wasser haben wir noch nicht einmal hinzugenommen.

Für die Sportkonferenz der Holderbergschule

R. Nickel, P. Alexandrowitsch



Verteiler:

- Bürgermeister der Gemeinden Eschenburg und Dietzhölztal
- Fraktionsvorsitzende der beiden Gemeindevertretungen
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