Das Herz der Holderbergschule hört auf zu schlagen

|   Schuljahr 14/15

Schulbibliothek schließt am 1. März – Schock bei Schülern, Eltern und Lehrern

Tieftraurig überreicht eine Schülerin der 6. Hauptschulklasse der langjährigen Bibliotheksbetreuerin, Frau Ute Schaumann, einen Abschiedsbrief. Darin steht unter anderem: „Sie waren in mein Herz geschlossen. Jetzt muss ich mein Herz aufschließen und Sie gehen lassen. Mir fällt es total schwer vor der geschlossenen Tür zu stehen, nur weil die Bücherei schließt.“ Frau Schaumann, sichtlich gerührt, legt diesen Brief zu den anderen, die ihr und ihrer Kollegin, Frau Yvonne Reh, seit Tagen von Holderbergschülern übergeben werden. 

 

Vorstellen kann sich noch kein Mitglied der Schulgemeinde, dass ab dem 1. März die grüne Bibliothekstür nach über 20 Jahren endgültig geschlossen bleiben soll. Monatelang hatten der Schulleiter, Herr Hans-Werner Kirchhoff und der Pädagogische Leiter, Herr Simon-Martin Claus, versucht, durch gezieltes Werben von Sponsoren aus der heimischen Wirtschaft und durch Schreiben an die politischen Verantwortungsträger, die fehlenden Gelder aufzutreiben. Vor einigen Wochen musste jedoch die Notbremse gezogen werden: Eine gesicherte Finanzierung war nicht in Sicht und so mussten Herr Kirchhoff und Herr Claus schweren Herzens den beiden engagierten, langjährigen Bibliothekarinnen im Januar die Kündigung aussprechen. 

 

Die tragische Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Schülern, Kollegen und Eltern. Fragen nach den Hintergründen wurden gestellt, Notfallpläne diskutiert, Aktionen geplant. „Aber all dies kann nicht von der Tatsache ablenken, dass die endgültige Schließung nur durch eine solide, langfristige Finanzierung abgewendet werden kann“, so der pädagogische Leiter. Der Schulpersonalrat organisierte am vergangenen Donnerstag eine Dienstversammlung, an der ein Großteil des Kollegiums teilnahm. Dort gab es den ersten Hoffnungsschimmer, als Herr Wilhelm Dintelmann, ehemaliger Schulleiter, in seiner Funktion als Vorsitzender des Fördervereins, einen Finanzierungsplan skizzierte, der auf drei Säulen ruhen müsste: Gelder von Sponsoren, Eltern und Kollegen. „Der Kreis als Schulträger und die Politik sehen sich leider nicht in der Pflicht, eine Schulbibliothek zu finanzieren, obwohl dieser Ort nach den Pisa-Studien als wichtiger Lernort ausgewiesen wurde,“ so Dintelmann enttäuscht. Frau Judith Meyer, Lehrerin und Betreuerin der Schulbuch-Bücherei, wartete mit Zahlen auf, zusammengestellt von den beiden Bibliotheksbetreuerinnen, die den Anwesenden so nicht bewusst waren: Täglich suchen 300 Schülerinnen und Schüler die Bibliothek auf: in den Pausen werden Karten- und Brettspiele ausgeliehen, Bücher gelesen, die Computer genutzt und gelegentlich auch einfach ein bisschen relaxt. „Manchmal geht keine Maus mehr hier rein“, so Yvonne Reh. Auch in der Zeit zwischen Schulende und Beginn der Nachmittagskurse suchen täglich um die 20 Schülerinnen und Schüler die Bibliothek auf, um die Wartezeit sinnvoll und in netter Atmosphäre zu überbrücken. Jeden Tag werden die Räumlichkeiten und besonders die Computer von Schülergruppen genutzt. Im Jahr 2014 wurden über 2000 Bücher ausgeliehen. Auch die Nachmittagsbetreuung läuft über die Bibliothek. Die Holderbergschule bietet in diesem Schuljahr 30 Nachmittagsangebote an, die von 350 Schülern genutzt werden. Die Bücherei dient hier als Anlaufstelle für die Betreuer, als Aufbewahrungsort für die Materialien und zum Kopieren.

Die in der Dienstversammlung anwesenden Kollegen, beeindruckt von diesen Ausführungen und ermutigt von Herrn Dintelmanns Finanzierungsplan, entschieden sich, ihren finanziellen Beitrag zur Fortführung der Bibliothek zu leisten. Die übrigen Kollegen wurden per Rundbrief informiert und werden mitziehen. 

Die Schülerschaft beschloss in einer kurzfristig einberufenen SV-Sitzung am Montag, durch eine Plakataktion ihre enge Verbundenheit mit der Bibliothek auszudrücken. „Können wir nicht einfach durch die Klassen gehen und von jedem Schüler Geld einsammeln?“, so klang es letzte Woche vielfach in vielen Klassen. Selbst die „Abschlussklassen“ können den Gedanken nicht ertragen, dass „ihre“ Bibliothek geschlossen wird.

Aber auch auf Elternseite gibt es Bewegung: „Täglich rufen bei mir besorgte Eltern an und fragen, wie sie helfen können.“, weiß der Schulleiter zu berichten. „In der nächsten Woche findet eine außerordentliche Schulelternbeiratssitzung statt. Dort werden die Eltern über ihren möglichen Beitrag zur Sicherung der Bibliothek beraten und entscheiden. Wenn alle Mitglieder der Schulgemeinde zusammenarbeiten, könnten wir die pädagogische Katastrophe noch abwenden,“, so Kirchhoff. „Auf weitere finanzielle Unterstützung durch die heimische Wirtschaft und Industrie sind wir jedoch zusätzlich angewiesen.“, fügte er hinzu. - „Die Bibliothek ist das Herz unserer Schule. Es darf nicht aufhören zu schlagen“, äußert sich Andrea Kluth leise, aber auch mit Zuversicht, im Angesicht von so viel Engagement innerhalb und außerhalb der Schulgemeinde.