Auf einen „Chat“ beim Bürgermeister Götz Konrad. Beide 7. Gymnasialklassen besuchten den Eschenburger Bürgermeister am Montag, 18. Mai. 2015

|   Schuljahr 14/15

„Na, seit wann gibt es die Gemeinde Eschenburg denn eigentlich?“, brachte Bürgermeister Götz Konrad die versammelten Siebtklässler der Holderbergschule im Sitzungssaal des Eschenburger Rathauses zunächst ins Grübeln. Die 27 Schülerinnen und Schüler brauchten hier etwas „Nachhilfe“, aber daraus hat sich ein einstündiges Gespräch ergeben, aus dem selbst der Rathaus-Chef noch einiges lernen konnte. „Eschenburg gibt es seit 1971. Die Gemeinde ist so alt wie ich, so kann ich mir das selbst merken“, löste Konrad das Rätsel auf.

 

Auf die vielen Fragen, die im Unterricht vorbereitet worden waren, antwortete Bürgermeister Konrad verständlich und informativ, wie die Schüler empfanden. Dabei streifte das Gespräch viele Bereiche: Die Fußgängerampel in Wissenbach, das Postverteil-Lager in der Friedrichstraße in Eibelshausen, die Homepage der Gemeinde, die Bedeutung des Tourismus, der Ferienpass, das Granulat im  Holderbergstadion oder auch die Freizeitanlage  „Alter Wissenbacher Sportplatz“ interessierten die Schüler. Durch die Erläuterungen wurde den Gymnasiasten bewusst, dass ein Bürgermeister zwar viele Dinge verbessern möchte, aber dies nur in Zusammenarbeit mit anderen, meist höheren Instanzen tun kann. Oft hörten die Schüler zudem den Satz: „Leider gibt es dafür kein Geld.“ Dies gelte auf der Gemeinde-, Kreis- und Landesebene. 

Auf den Ferienpass angesprochen, versprach der Bürgermeister, dass diese Frage noch in dieser Woche geklärt werde. Problem: Da der Haushalt der Gemeinde vom Kreis noch nicht genehmigt worden ist, könne momentan noch kein Ferienpass angeboten werden. Dies sei besonders deshalb schade, weil die Kinder- und Jugendarbeit besonders wichtig sei, unterstrich Konrad. „Wenn es einen Ferienpass gibt, gilt auch wieder freier Eintritt ins Schwimmbad“, versicherte der Rathaus-Chef. Diese Information erfreute die Schüler.  

Lehrerin Andrea Kluth wies auf die Bereitschaft vieler Bürger und heimischer Unternehmen hin, sich auf Ansprache hin zu engagieren. So könne beispielsweise der Wissenbacher Sportplatz, dessen Zustand laut Schülermeinung nicht gut ist, durch Zusammenarbeit von Freiwilligen attraktiver gemacht werden. Das Beispiel „Schulbibliothek“ sie dafür ein Vorbild. Benötigt würde hierfür lediglich ein Auslöser. 

In Sachen Schwimmbad konnte die Gemeinde Eschenburg zusammen mit Dietzhölztal trotz klammer Kassen einen großen Erfolg erzielen: Die Finanzierung des Freizeitbad „Panoramablick“ kann gesichert werden. „Ein großes Dankeschön geht an den Fachbereich Sport der Holderbergschule. In seinem offenen Brief wurden wichtige Argumente für die Erhaltung des Schwimmbades genannt, die viele von der Bedeutung des Bades überzeugen.“ Möglichst noch vor der Sommerpause soll die neue Satzung beraten werden, die eine neue Finanzierung des Freizeitbades ermögliche, erläuterte der Bürgermeister. Dabei hofft Konrad im Rahmen des „Kommunalen Finanzausgleichs“ auf Unterstützung vom Land. „Sind Sie auch Mitglied des Schwimmbad-Fördervereins?“, wollte ein Schüler wissen. Konrad schmunzelte stolz, dass er sogar zur Gründungsversammlung des Fördervereines eingeladen hatte und somit „Geburtshelfer“ war. 

Auf die Frage „Warum sind Sie Bürgermeister geworden?“ antwortete der Amtsinhaber, dass er in erster Linie an einer soliden Finanzplanung für die Gemeinde Eschenburg interessiert war, die sich mittlerweile in der „doppelten Buchführung“ niederschlägt: „Erst muss klar sein, woher das Geld kommt, bevor es ausgegeben werden kann.“ Auf ,Pump‘ wollte Herr Konrad vor zehn Jahren seine Gemeinde nicht verwalten. Dies gelte auch jetzt noch. „Alles, was wir über Kredite finanzieren, müsst Ihr mit Zins und Zinseszins bezahlen“, erläuterte Konrad.

Den „typischen Alltag“ schilderte der Bürgermeister mit „viel Schreibtischarbeit und Besprechungen, aber auch vielen interessanten Auswärtsterminen.“ So besuche er zum Beispiel in den Schulferien heimische Firmen, um sich zu informieren. „Wir haben hier mehr als 500 angemeldete Unternehmen, etliche mit mehr als 100 Mitarbeitern. Dies sind mittelständische Unternehmen, die Steuern zahlen und sich für die Erhaltung von Arbeitsplätzen einsetzen. Die sind mir lieber als Großkonzerne, die sich Steuerschlupflöcher im Ausland suchen.“  

 „Warum sind Sie parteilos? Hat das Konsequenzen für Ihre Arbeit?“, wollten die Schüler wissen. „Die meisten Menschen sind parteilos, sogar in China“, entgegnete Konrad. „Parteiisch“, so der Bürgermeister, sei er nur, wenn es um die Gemeinde Eschenburg gehe. Auch wenn man in der Politik auch Partei-Positionen Rücksicht nehmen müsse, gebe es alleine in Hessen mittlerweile mehr als 150 parteiunabhängige Bürgermeister. „Wir treffen uns regelmäßig zum Austausch und versuchen, im Sinne der Sachpolitik gemeinsam Einfluss sogar auf die Landespolitik zu nehmen“, sagte Konrad.

Die Antwort auf die Frage nach dem ursprünglichen Berufswunsch verblüffte die Schüler: „Pfarrer, Förster, später Fotograf“, verriet Konrad. Dass ihm sein jetziges Amt Freude bereitet, zeigt sich an seiner Bereitschaft, im nächsten Jahr für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Auch wenn seine Familie ihn oft vermisse, so stehe sie doch hinter ihm. „Deshalb ist es wichtig, im Urlaub auch mal wegzufahren, um die Zeit mit meiner Familie auch genießen zu können“, meinte der Bürgermeister, der trotz seiner zehn Dienstjahre der zweitjüngste Amtsinhaber im ganzen Kreis ist. 

Mehrfach wies Bürgermeister Konrad Holderbergschüler auf den „Kümmerkasten“ hin, mit dem Bürger über das Internet-Angebot der Gemeinde ihre Probleme mitteilen können. Auch wenn diese Meldungen beim Rathaus-Chef direkt im „Elektro-Postkasten“ landen, wollte Konrad drei Anliegen der Schülern gleich mitnehmen: Eine bessere Schaltung der Fußgängerampel in Wissenbach, die Reparatur der Bushaltestelle in Simmersbach und ein „Tempo 30“-Schild wird auf Wunsch der Schüler hin gleich überprüft. 

Mit einem Abschluss-Foto am Modell des vor 70 Jahren zerstörtem Eschenburg-Turms bedankten sich die Schüler für zwei interessante Schulstunden in „ihrem“ Rathaus. „Viele der Schüler werden den Lokalteil der Zeitung jetzt mit mehr Interesse und Verständnis lesen“, hoffen die beiden Pädagoginnen Andrea Kluth und Jessica Hermann, die diesen Besuch im Unterricht vorbereitet hatten und sich beeindruckt zeigten über den breitgefächerten und interessanten Fragenkatalog ihrer beiden Gymnasialklassen.