100 Eltern kamen zur zweiten Auflage des Pädagogischen Vormittags an die Holdbergschule

|   Schuljahr 08/09

Eltern waren zufrieden: „Der Tag war keine verschwendete Zeit“

Mit einem freundlichen „Hallo Mama“, betritt die 15 Jahre alte Tochter beschwingt mit der Schultasche über der Schulter das Zimmer, und wird sofort von ihrer aufgebrachten Mutter barsch empfangen: „Da bist du ja endlich. Deine Lehrerin hat angerufen. Du hast die Unterschrift unter der Englisch-Arbeit gefälscht“. Der Tochter bleibt kaum Zeit, um zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, und sie reagiert ebenso impulsiv wie die Mutter. „Du machst ja `ne tolle Stimmung. „Du unverschämte Göre, warte nur, bis Papa kommt“, droht die Mutter mit erhobenem Zeigefinger, während die Tochter Türen knallend in ihrem Zimmer verschwindet.

Mitten aus dem Leben gegriffenen war das kurze Anspiel, das die Lehrerinnen Kristin Hermann und Liane Michel beim zweiten Pädagogischen Vormittag an der Holderbergschule vorstellten. Worum es bei solchen Konflikten geht, wie es zum Konflikt kommt und welche Lösungsstrategien es für Eltern gibt, um mit dem pubertierenden Kind wieder eine Gesprächsbasis zu finden, das erfuhren die Eltern beim Seminar „Konfliktbewältigung - Streiten muss gelernt sein“.

Nach dem großen Erfolg der Veranstaltung vor gut einem Jahr hatte die Gesamtkonferenz (der Lehrer) eine Neuauflage vereinbart. „Wir wollen mit den Eltern ins Gespräch kommen. Wir sind schließlich nicht nur Pädagogen, sondern viele von uns auch selbst Eltern“, betonte einer der Initiatoren, Gebhard Häußer, vom Lehrerhauskreis. Viele der angesprochenen Probleme oder Konflikte kenne man aus eigener Erfahrung.

Für die rund 100 Eltern wurden verschiedene Seminare mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten: Bankkauffrau und Lebensberaterin Beate Kunz informierte über den Umgang mit Geld in der Erziehung. Diplompädagogin Karin Ziegler stellte den Zusammenhang zwischen „Starken Eltern - starke Kinder“ her und beriet die Zuhörer, wie man durch den richtigen Umgang miteinander mehr Freude und weniger Stress mit den Kindern haben kann. Über die Gefahren der Nutzung der neuen Medien wie Handys und Computer informierte Jörg Schormann von der AGAS aus Dillenburg.

Groß war auch die Nachfrage bei dem Seminar „Baustelle Pubertät“, bei dem Pädagoge Gebhard Häußer nützliche und informative Tipps im Umgang mit den Kindern an die Eltern weitergab. Aufmerksam hörten die Eltern den Schulmediatorinnen Kristin Hermann und Liane Michel zu: „Nach der Theorie Glasls entstehen Konflikte, wenn das Denken, Fühlen, Wollen, die Interessen von mindestens zwei Personen aufeinandertreffen und eine dieser Personen erlebt dies als Beeinträchtigung“ , so die wissenschaftliche Erläuterung.

Konkret könne sich ein Konflikt zum Beispiel entwickeln, wenn ein Schüler sein Geodreieck vergessen habe und sich einfach – ohne zu fragen - das des Nachbarn nehme. „Der Konflikt entsteht hier, weil zuerst gehandelt, ohne dass gesprochen wird“, beschrieb Kristin Hermann.

Wie wichtig die Kommunikation und das aktive Zuhören für eine Situation sein können, erlebten die Eltern im Selbstversuch. In Dreierguppen sollte eine Unterhaltung über ein Thema geführt werden, wobei es einen Beobachter, einen Zuhörer und eine Erzähler gab. Beim ersten Gespräch, bei dem der Zuhörer laut Aufgabenstellung desinteressiert blieb, fühlte sich der Erzähler sehr schnell irritiert „ Wenn man merkt, dass das Gegenüber nicht zuhört, ist das für den Erzähler eine ganz blöde Situation“, schilderte eine Mutter ihre Erfahrung. Bei der zweiten Aufgabe war der Zuhörer aufmerksamer, kommentierte jedoch das Gesagte nicht. „Das war schon angenehmer“, lautete die einhellige Meinung. Aber erst, wenn der Zuhörer Interesse zeigt und das Gesagte zusammenfasst, fühlte sich der Erzähler auch verstanden.

Zuhören sei gerade in Konfliktsituationen mit den Kindern wichtig, da man meist den Konflikt oder das Problem gar nicht auf den ersten Blick erkenne, gab Kristin Hermann zu bedenken. Liane Michel wies auf das Anspiel hin, in dem die Mutter die Tochter gleich mit Vorwürfen überhäuft habe, anstatt ihr Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Anstelle von Du-Botschaften, die meist mit Vorwürfen angereichert seien („Du hast die Unterschrift gefälscht, du unverschämte Göre“), sei es ratsamer, Ich-Botschaften zu senden. Dabei solle man das störende Verhalten benennen, aber auch die eigenen Gefühle dazu beschreiben („Ich bin enttäuscht, weil ich dachte, du vertraust mir und zeigst mir auch schlechte Noten“) : Schließlich solle man Wünsche äußern („Ich möchte, dass du auch mit schlechten Noten zu mir kommst“). Die Reaktion der Eltern auf den Austausch war positiv: „Ich fand es gut, dass man sich bewusst macht, wie man etwas zu seinen Kindern sagt“, meinte eine Mutter. Die Zeit sei sehr schnell vergangen, meinte ein Vater, der sein Lob zusammenfasste: „Ich fand es sehr interessant.“

Im Anschluss an die Seminare versammelten sich nicht die Schüler, sondern ihre Eltern in der Mensa zum gemeinsamen Mittagessen. In den Tischgesprächen ging es dabei nicht weniger lebhaft zu als an manchen Schultagen beim Schüleressen und viele Eltern zogen ein sehr positives Resümee über den Samstagmorgen in der Schule.